Sein kräftiges Motorrad durch die Serpentinen in die Berge zu steuern – das gibt ihm das Gefühl grenzenloser Freiheit. Seine Ehefrau kann seine Begeisterung für die Motorradtour noch steigern, wenn sie mitkommt und sich auf dem Sozius durchrütteln lässt. Der Angler genießt den Abend am See, blickt in stoischer Ruhe auf seine Schwimmer und wartet auf den großen Fang. Noch entspannter wird die Angeltour für ihn, wenn seine Frau ihm dabei Gesellschaft leistet.
Beide Arten der partnerschaftlichen Freizeitbeschäftigung haben gemeinsam, dass sein Herz höherschlägt, ihre Stimmung jedoch leidet. Wo liegt der Unterschied? Wenn sich schon einmal Zeit findet für gemeinsame Unternehmungen, dann will sie natürlich in erster Linie mit ihm reden, reden, reden. Auf dem Motorrad ist das allerdings nicht vorgesehen und auch beim Angeln herrscht Funkstille. Die Frau empfindet, dass die eheliche Gemeinschaft nicht gerade gestärkt wird mit einem Hobby, bei dem man nichts tun kann – will heißen, bei dem man nicht reden kann.
Der wegen seiner einfühlsamen Beobachtungen beliebte Schriftsteller Antoine de Saint-Exupery beschreibt aus unverhüllt männlicher Sichtweise, was er unter Liebe versteht: „Die Erfahrung lehrt uns, dass Liebe nicht darin besteht, dass man einander ansieht, sondern dass man gemeinsam in die gleiche Richtung blickt.“
Das Zitat bringt recht deutlich auf den Punkt, was in Ehen oftmals zu Missverständnissen und Spannungen führt. Männer suchen in ihrer Frau eine Gefährtin, mit der sie Seite an Seite etwas unternehmen können, ohne viel reden zu müssen. Das ist die Art und Weise, wie Männer kommunizieren. Sie suchen gemeinsame Erlebnisse und Abenteuer. Frauen richten ihren Fokus vielmehr darauf, sich diese Erlebnisse zu erzählen und mit Eindrücken und Gefühlen zu verbinden.
Im Titusbrief lesen wir Ermahnungen, die Titus an die Gemeinde weitergeben soll. Dort wird diese männliche Erwartung angesprochen. Die reiferen Frauen (die aus Erfahrungen wissen, was Ehemänner bewegt) sollen die jungen Frauen anleiten: Sage den alten Frauen, dass sie … die jungen Frauen anhalten, dass sie ihre Männer lieben, ihre Kinder lieben (Titus 2,3f). Im griechischen Text steht an der Stelle für „lieben“ ein Wort, dass die freundschaftliche, kameradschaftliche Liebe bezeichnet. Die jungen Frauen sollen also gezeigt bekommen, wie sie ihren Ehemännern auch ein guter Freund sein können.
Ehefrauen, bitte; habt Geduld mit euren Männern. Als ihr frisch verliebt wart, konntet ihr noch Hand in Hand schweigend unter dem Sternenhimmel spazieren gehen. Sicherlich gibt es nach drei Kindern und zwanzig Zentnern Wäsche wichtigeres im Leben als wortlos auf die Angel im See zu schauen. Doch für eure Männer wird die Gemeinschaft gestärkt und findet gerade da Kommunikation statt, wo man etwas gemeinsam unternimmt. Männer sehen die Welt nun mal mit anderen Augen als die Frauen. Auch hier gehört das gegenseitige Geben und Nehmen zur Ehe. Der Mann muss sich hin und wieder einen Ruck geben, sich seiner Frau zuwenden und Auge in Auge mit ihr reden. Die Frau gibt sich hin und wieder einen Ruck und willigt ein, Seite an Seite mit ihrem Mann etwas zu unternehmen und schweigend „in die gleiche Richtung zu blicken“. Beides ist wichtig, so lesen wir es auch im Prediger Salomo: „Schweigen hat seine Zeit, reden hat seine Zeit“ (Prediger 3,7).
Jonas Schröter